Das Bauprinzip eines Eiskellers
Headerbild: Das „Irrenschloss“, Zeichnung des Architekten Oskar Pichler, Architekturmuseum TU Berlin
Eine unerwartete Entdeckung auf dem Gelände der einstigen „Anstalt für Irre und Epileptische“
Autor: Olaf Olbricht für die fwg akut!, Auflage 2/2019
Warum Affenstein nichts mit Affen zu tun hat
Die Flurbezeichnung „Affenstein“ gab es schon lange bevor der Frankfurter Arzt und Psychiater Heinrich Hoffmann dort eine Psychiatrische Klinik, die ‚Anstalt für Irre und Epileptische‘, errichten ließ. „Irrenschloß“ war der damals gebräuchliche Spitznamen für diese innovative Fachklinik. Affenstein hat nichts mit den uns verw ndten Primaten zu tun. Vermutlich entwickelte sich dieser Name aus dem Wort Avestein (Ave Maria Stein). Damit ist ein religiöses Steinbildnis gemeint, wie man es damals öfter in der Flur antraf.
Wie aus einem vermeintlichen Wartturm ein Eiskeller wurde
Die Reste eines Bauwerks auf dem einstigen Gelände der ‚Anstalt für Irre und Epileptische‘ beflügelten die fachliche Diskussion ganz besonders: Der Eiskeller.
Nach seiner Entdeckung wurde er zunächst als Teil eines Wartturms der Stadtbefestigung interpretiert, den man später zu einer Windmühle umgebaut
hatte. Im Gegensatz zu dieser Theorie gelang es, die Annahme dass es sich um einen Eiskeller gehandelt habe, mit immer mehr Belegen zu untermauern.
Warum Krankenanstalten einen Eiskeller brauchten
Wozu brauchte eine Irrenanstalt einen Eiskeller? Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens musste, wer zu jener Zeit viele Menschen mit Essen versorgen wollte und weder Gefrier- noch Kühlschränke zur Verfügung hatte, Vorkehrungen treffen um verderbliche Lebensmittel lagern zu können. Zweitens gibt es Belege dafür, dass man damals in der Psychiatrie Eis auch therapeutisch verwendete.
Auch andere Kliniken hatten Eiskeller, so zum Beispiel die Charité in Berlin. Ihr Verwaltungsdirektor Dr. Esse bezeichnete 1850 Eiskeller als ein „unabdingbares Bedürfnis“ für größere Krankenanstalten.
Woher das Eis kam
In Frankfurt gab es seit 1742 einen regen Handel mit Natureis. Um im Winter Natureis „ernten“ zu können, wurde das Enkheimer Ried im Herbst geflutet. Das Eis wurde in Blöcke gesägt und an die Kunden ausgeliefert, auch zum Auffüllen des Eiskellers der Irrenanstalt. Anhand
von Konstruktionszeichnungen weiß man heute sehr genau, wie diese Keller beschaffen waren und warum das Eis dort auch die warme Jahreszeit überdauerte.
Eis wird in der Psychiatrie nicht mehr therapeutisch eingesetzt, in der Medizin findet es aber nach wie vor Verwendung, meistens als sogenanntes „Trockeneis“. Das kommt nicht mehr aus dem Enkheimer Ried, sondern es wird industriell hergestellt.
Auf dem Campus Westend der Universität Frankfurt, sind die konservierten Reste des „Hoffmannschen Eiskellers“ in die Bibliothek Sozialwissenschaften und Psychologie integriert.
Vertiefende Informationen finden Sie auf wikipedia.de, in dem Artikel „Wie das Gedachte das Gebaute verändert“, von Kaenel, Maurer und Schlierer, Goethe-Universität Frankfurt a. M. und www.ahnenforschung-bub.de.
Über das Werk von Heinrich Hoffmann können Sie sich auch unter struwwelpeter-museum.de informieren.